Erarbeiten von Jazz-Standards (Teil 1)

Das Ohr

In den allermeisten Fällen beginnt man ein neues Stück zu lernen damit, dass man die Noten aufschlägt und versucht es zu spielen. Natürlich ist das kein Fehler. Es gibt aber auch andere Wege, von denen ich einen am Beispiel von „Fly Me To The Moon“ skizzieren möchte.

Musik machen hat immer auch viel mit Hören zu tun. Daher ist es eine gute Idee ein neues Stück auch über das Ohr kennen zu lernen und eine Zeitlang mit ihm zu leben.

Spotify, YouTube und andere Plattformen sind mittlerweile eine riesige Fundgrube, um die verschiedensten Interpretationen eines Songs zu finden. Erstelle dir eine Playlist mit verschiedenen Versionen des Songs und höre sie aufmerksam oder nebenbei. Auf jeden Fall so lange bis du den Song verinnerlicht hast. Gesangsversionen eignen sich meist besonders gut für einen Einstieg. Im Optimalfall lernst du den Text gleich mit. Er ist immer ein wichtiger Teil des Stücks. Auch bei Instrumentalversionen. Wenn du den Text kennst phrasierst du die Melodie automatisch anders.

Hier ist ein eine kleine Spotify Playlist zum Song „Fly Me to The Moon” von Bert Howard.

Der Geist

Ein Stück ist mehr als Noten, die in einem zeitlichen Verlauf erklingen. Das gleiche gilt für die Akkordfolge. Die gleiche Akkordfolge kann in verschiedenen Stücken unterschiedlich wirken.  Natürlich ist es für das Spielen enorm hilfreich zu wissen, wie die Melodie und die Akkordfolgen funktionieren. Es kann aber auch nicht schaden, Hintergrundinfos über den Song zu kennen. Die folgenden Fragen können beispielsweise interessant sein:  Wer hat es wann für wen oder welchen Kontext geschrieben? Wer hat es wie interpretiert? usw. Für erste Infos ist bei den meisten Stücke Wikipedia eine gute Quelle (in vielen Fällen ist die englische Wikipedia Seite umfangreicher).

 https://de.wikipedia.org/wiki/Fly_Me_to_the_Moon

In diesem Zusammenhang möchte ich noch 2 Bücher erwähnen, in denen es viele Hintergrundinfos zu Jazzstandards gibt

Die Melodie

Bevor es richtig losgeht, stelle dir noch die folgenden Fragen:

  • Welche Form hat das Stück? (Bei „Fly Me To The Moon“ sind es ein A- und ein B-Teil mit jeweils 16 Takten.)
  • In welcher Taktart steht es?   (Bei „Fly Me To The Moon“ ist es ein 4/4 Takt. Ursprünglich war es jedoch ein ¾ Takt.)
  • In welcher Tonart steht es? („Fly Me To The Moon” spielen Frank Sinatra, Roger Cicero & Wes Montgomery in C-Dur. Das ist auch die am häufigsten gespielte Tonart. Nat King Cole spielt das Stück in Bb-Dur, Diana Krall und Julie London in F-Dur.)
  • In welchem Feel /Groove will ich es spielen? (Oft wird das Stück im Swing-Feel gespielt. Es funktionier aber auch, wie bei Julie London, im Latin-Feel.)

Als nächsten Schritt solltest du die Melodie auf deinem Instrument lernen (als Schlagzeuger kannst du die Melodie rhythmisch spielen). Spiele die Melodie auf jeden Fall auch zu Originalaufnahmen dazu. Du wirst so noch einmal genauer merken, wie unterschiedlich die Melodie interpretiert wird (Stichwort Phrasierung).

Wenn du ein Rhythmusgruppen-Instrument spielst, solltest du dich im nächsten Schritt damit vertraut machen, wie du einen Solisten begleiten, bzw. die Akkordstruktur des Stückes spielen kannst (Stichwort Comping, Walking Bass).